• koenig_alexander_31
Die Grundlage für sportlichen Erfolg ist vor allem zu Beginn einer Laufbahn das regelmäßige Training. Wie es so schön heißt: „Übung macht den Meister“. Daneben gilt der Erfahrungsgewinn als wichtiger Karrierebaustein. Lässt sich dieser postulierte Zusammenhang zwischen dem Lernen durch Wiederholung beziehungsweise dem Gewinnen von Erfahrung und der Meisterung einer Sportart auch statistisch nachweisen? Anhand von Daten zu Trainingshäufigkeit, Wettkämpfen sowie Entwicklung der Spielstärke konnte diese interessante Frage nun zumindest für die Jungs und Mädels des TTV Erdmannhausen beantwortet werden.

Für den Erdmannhäuser Nachwuchs liegen für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 1. Februar 2020 sowohl die Anzahl der absolvierten Übungseinheiten je Spieler*in sowie die negative beziehungsweise positive Differenz des TTR-Wertes je Spieler*in vor. TTR steht für Tischtennisranking und ist das offizielle Maß in Deutschland für die Spielstärke basierend auf der Gewinnwahrscheinlichkeit. Treffen zum Beispiel zwei Spieler mit exakt demselben Wert aufeinander, haben beide eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 50 Prozent. Des weiteren sind das Geschlecht, der TTR-Startwert, die Anzahl der vom Karrierebeginn bis zum 1. Februar 2020 absolvierten TTR-relevanten Spiele sowie die Dauer der Tischtennislaufbahn gemessen in Jahren verfügbar. Insgesamt waren im genannten Zeitraum im Verein 27 Jungen und 14 Mädchen sowohl im Training als auch in Wettkämpfen aktiv. Alles in allem wurden 1.876 Trainingsbesuche registriert. Im Schnitt nahmen 20 Spieler*innen an den Übungseinheiten teil. In den 13 Monaten wurden insgesamt 760 TTR-Punkte erspielt, womit sich rein rechnerisch ein Pro-Kopf-Gewinn von 19 Zählern ergibt.

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Mit den vorhandenen Daten kann eine Antwort auf die Frage gefunden werden, ob diejenigen Spieler*innen, die in den 13 Monaten mehr trainiert haben, auch tendenziell eine bessere TTR-Bilanz aufweisen (Trainingseffekt). Außerdem ist es möglich, die Wirksamkeit des Trainings auf die Spielstärke der Jungen und Mädchen zu untersuchen. Letztlich kann auch der Zusammenhang zwischen den absolvierten TTR-relevanten Spielen beziehungsweise der Karrieredauer und den bislang verlorenen beziehungsweise gewonnenen TTR-Punkten abgebildet werden (Erfahrungseffekt). Für die Auswertung der Verbindung von Traingshäufigkeit und TTR-Entwicklung blieben die Anfänger*innen unberücksichtigt, da im ersten Jahr wirklich grundlegende Techniken vermittelt werden, die in der Regel noch keine allzu großen sportlichen Erfolge erwarten lassen können. Für gewöhnlich geht es mit dem TTR-Wert zunächst einmal mehr oder weniger bergab (abhängig vom jeweiligen Startwert). Die Anfänger*innen wurden dann jedoch bei den Gruppenanalysen (Altersklassen beziehungsweise Jungen und Mädchen) mit einbezogen, um auch diesen möglichen Anfängereffekt abbilden zu können. Wichtig ist an dieser Stelle noch der Hinweis, dass alle statistischen Auswertungen streng genommen nur für den TTV-Nachwuchs gelten.

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Anhand der statistischen Auswertungen lässt sich in der Tat ein gewisser Zusammenhang zwischen der Anzahl der Übungseinheiten und der TTR-Entwicklung abbilden. Spieler*innen mit mehr Trainingseinsatz haben tendenziell eine bessere TTR-Bilanz als Spieler*innen mit geringerem Traingsfleiß. Dabei zeigt sich, dass ab 46 Übungseinheiten mit einer einzigen Ausnahme nur noch Gewinne verbucht werden. Bei maximal 94 möglichen Trainingsbesuchen im untersuchten Zeitraum bedeutet diese Schwelle eine Übungshäufigkeit von ungefähr einmal pro Woche, womit sich die hohe Wirksamkeit von zweimaligem wöchentlichen Training ableiten lässt. Im Durchschnitt trainieren Jungs etwas häufiger als Mädchen (50 beziehungsweise 37 Mal) und gewinnen durchschnittlich auch etwas mehr TTR-Punkte hinzu (20 beziehungsweise 16). Setzt man die Trainingshäufigkeit zum Gewinn ins Verhältnis, zeigen sich keine nennenswerten Unterschieden zwischen den Geschlechtern (Jungen: 2,51 / Mädchen: 2,32). Für jeden TTR-Punkt muss also statistisch gesehen ungefähr zweieinhalb Mal trainiert werden. Dies bedeutet, dass das Nachwuchstraining bei Spielern und Spielerinnen annähernd gleich effektiv ist. Sollten die Mädchen ihre Übungsintensität steigern, würden sich demnach ceteris paribus auch ihre TTR-Punkte schneller erhöhen.

Erfahrene Jugendspieler*innen, die mindestens schon zwei Jahre im Tischtennis aktiv sind, benötigen im Übrigen rein rechnerisch nur ca. ein (Mädchen) bis eineinhalb (Jungen) Übungseinheiten für einen TTR-Punkt. Dies ist der erste Hinweis auf einen Erfahrungseffekt. Bei den Anfänger*innen fällt auf, dass die Mädchen im Schnitt mehr trainieren als die Jungs (55 beziehungsweise 48 Mal). Außerdem üben die Anfängerinnen nahezu doppelt so häufig wie die erfahrenen Spielerinnen, was sich bei weiter anhaltendem Trainingsfleiß ceteris paribus zukünftig auch in steigenden TTR-Werten niederschlagen dürfte. Ein Blick auf die aktuelle TTR-Bilanz der Anfänger*innen zeigt, dass diese erkennbar im negativen Bereich ist. Hier zeigt sich damit der bereits weiter oben angesprochene Anfängereffekt.

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Der Zusammenhang zwischen den seit Karrierebeginn bis Anfang Februar 2020 absolvierten TTR-relevanten Spiele und den bis dahin in Summe verlorenen beziehungswiese gewonnenen TTR-Punkten ist recht eindeutig: Je mehr Partien ein/e Spieler*in absolviert hat, desto positiver sieht tendenziell seine beziehungsweise ihre Bilanz aus. Dies ist der zweite Hinweis auf einen Erfahrungseffekt. Will man also mehr Punkte haben, muss man einfach mehr spielen. Das mag zwar trivial klingen, ist jedoch eine wichtige Erkenntnis, da so manch eine/r um die sauer erkämpften TTR-Zähler fürchtet, wenn sie beziehungsweise er zu einem Wettkampf antritt. Natürlich kann der Wert auch mal nach unten gehen, auf lange Sicht ist die Chance aber höher als das Risiko. Dies gilt zumindest für junge Spieler*innen, die ihr volles Potenzial noch nicht ausgeschöpft haben. Mit steigender Anzahl der Jahre, die Spieler*innen dem Tischtennis frönen, steigt der TTR-Wert ebenfalls an. Sind es in der Altersklasse bis zu zwei Jahren im Durchschnitt noch bescheidene 18 Zähler so haben Spieler*innen in der Klasse bis acht Jahren im Mittel beeindruckende 335 Punkte hinzugewonnen. Dies ist der dritte Hinweis auf einen Erfahrungseffekt.

Zusammengenommen lässt sich somit sagen, dass je mehr ein/e Nachwuchsspieler*in trainiert, je mehr Wettkämpfte er beziehungsweise sie absolviert und je länger er beziehungsweise sie generell Tischtennis spielt desto positiver fällt seine beziehungsweise ihre TTR-Bilanz aus. Übung und Erfahrung scheinen somit im Falle des Erdmannhäuser Nachwuchses auch statistisch gesehen zwei ganz zentrale Merkmale für die Entwicklung der Spielstärke im Tischtennis zu sein. Anfänger- und Erfahrungseffekte sind relativ klar erkennbar. Wie an den Abbildungen ersichtlich ist, stellt sich dieser Zusammenhang jedoch nicht streng linear dar. Schwankungen und Abweichungen vom generellen Muster sind deutlich erkennbar. Abgesehen von der Methodik der Untersuchung könnten diese zumindest zum Teil mit dem unterschiedlichen Talent der Spieler*innen erklärt werden. Dafür würde für die Beobachtung sprechen, dass es einerseits Spieler*innen gibt, die hart für jeden Fortschritt arbeiten müssen während der sportliche Erfolg anderen regelrecht zuzufliegen scheint.

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